Die Geschichte der Roma und Sinti ist bestimmt von Jahrhunderte langer Verfolgung. Bereits vor 1933 bestand in Deutschland eine Vielzahl von Verordnungen und Gesetzen "zur Bekämpfung der Zigeunerplage". Hohe Arbeitslosigkeit und wirtschaftliche Not während der Weimarer Republik hatten das Bedürfnis nach öffentlicher Ordnung verstärkt, was sich die Nationalsozialisten zunutze machten. In ihrer Propaganda projizierten sie die Gefahr der Unordnung unter anderem auf Sinti und Roma. Verordnungen, die Roma und Sinti ihrer Rechte als Reichsbürger enthoben, das Verbot von Rassenmischehen (1935) und die Verschleppung in Konzentrationslager, etwa in der Aktion Arbeitsscheu Reich (1938) waren die Folge.

Aus dem Runderlaß des Reichsführer SS vom 8.12.1938 - S-Kr 1 Nr. 557 VIII/38-2026-6*).
A. Allgemeine Bestimmungen.
I. (1) Die bisher bei der Bekämpfung der Zigeunerplage gesammelten Erfahrungen und die durch die rassenbiologischen Forschungen gewonnenen Erkenntnisse lassen es angezeigt erscheinen, die Regelung der Zigeunerfrage aus dem Wesen dieser Rasse heraus in Angriff zu nehmen. Erfahrungsgemäß haben die Mischlinge den größten Anteil an der Kriminalität der Zigeuner. Andererseits hat es sich gezeigt, daß die Versuche, die Zigeuner sesshaft zu machen, gerade bei den rassereinen Zigeunern infolge ihres starken Wandertriebes mißlungen sind. [...]
3. (1) Die endgültige Feststellung, ob es sich um einen Zigeuner, Zigeunermischling oder eine sonstige nach Zigeunerart umherziehende Person handelt, trifft das Reichskrim. Pol. Amt auf Grund eines Sachverständigengutachtens.
(2) Ich ordne deshalb auf Grund des § 1 der VO. des Reichspräsidenten zum Schutze von Volk und Staat v. 28. 2. 1933 (RGBl. I S. 83) - für das Land Österreich auf Grund des § 1 der Zweiten VO. zum Ges. über die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reiche v. 18. 3. 1938 (RGBl. I S. 262) [...] an, daß alle Zigeuner, Zigeunermischlinge und nach Zigeunerart umherziehenden Personen verpflichtet sind, sich der zur Erstattung des Sachverständigengutachtens erforderlichen rassenbiologischen Untersuchung zu unterziehen, [...]. Die Durchführung dieser Anordnung ist mit Mitteln polizeilichen Zwanges sicherzustellen.[...]

Um die amtliche Erfassung der Roma und Sinti zu bewerkstelligen, verbot der Festsetzungserlass das Verlassen ihres gegenwärtigen Aufenthaltsort. Die Überwachung wurde ständig verschärft, die Mitarbeiter der Rassenhygienischen und Bevölkerungsbiologischen Forschungsstelle Berlin erstellten an die 24.000 Gutachtliche Äußerungen zur Kategorisierung nach zigeunerischen Blutsanteil. Diese Gutachten waren Grundlage für die Deportationen und somit oft gleichbedeutend mit einem Todesurteil. Bis 1942 waren bereits zehntausende Roma und Sinti dem nationalsozialistischen Massenmord zum Opfer gefallen. Sie waren in den osteuropäischen Gebieten von der Wehrmacht exekutiert worden, in Ghettos und Lagern an Seuchen, Hunger und Erschöpfung gestorben oder auf grausame Weise umgebracht worden. Heinrich Himmlers Auschwitz-Erlass (1942) sollte nochmals eine Steigerung der Verfolgungs- und Vernichtungspolitik bringen: Die letzten noch im Reich und den besetzten Gebieten lebenden Zigeunermischlinge, Rom-Zigeuner und nicht-deutschblütige Angehörige zigeunerischer Sippen balkanischer Herkunft wurden nach Auschwitz-Birkenau deportiert.
In die Hauptbücher des Lagers wurden 20.943 Namen von Roma und Sinti eingetragen, die meisten von ihnen kamen während der 17 Monate des Bestehens des Zigeunerlagers um. Allein in der Nacht, in der das Lager liquidiert wurde (2. August 1944), wurden 4.000 Menschen ermordet. Eine weitaus größere Zahl fiel der nationalsozialistischen Verfolgung in den besetzten Gebieten Europas zum Opfer.